۱۳۸۸ شهریور ۲۰, جمعه

tiefere Analyse der Freiheitsbewegung

Iran: Der Mullah-Thron wackelt
Was steckt hinter der „grünen Bewegung“?


Seit dem putschartigen Wahlbetrug zugunsten des erzkonservativen Fundamentalisten Mahmood Ahmadinedschad im Juni 2009 geht es im Iran drunter und drüber. Eine Freiheitsbewegung hat sich erhoben, um gegen die illegitimen Machtverhältnisse binnen der islamischen Republik anzukämpfen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang zunächst eine erste Autopsie dieser Bewegung. Welche gesellschaftlichen Schichten sind darin vertreten?
Ein Blick auf die aktuellste Alterspyramide (Stand: 2006) gibt schon viel her; demnach sind 70% der Bevölkerung im Iran nicht älter als 35 Jahre alt. Dass diese Bewegung, vor allem in ihrer Anfangsphase, größtenteils von der Dynamik der jungen Menschen getragen wird, bestätigen auch die Listen der Vermissten, Verhafteten und Getöteten.
Was aus den zahlreichen Amateuraufnahmen – den einzigen Quellen aus dem Kommunikationsfriedhof namens Iran – weiterhin heraus sticht, ist die Tatsache, dass unabhängig vom Wohl- und Bildungsstand Menschen aus allen Kreisen bei den Protesten vertreten sind.

Ein Blick auf die Verhältnisse vor jener Präsidentschaftswahl im Sommer 2009 hilft, die aktuellen Ereignisse besser zu greifen.
In der Ära Ahmadineschad häufte sich eine wirtschaftliche Misere, wie z.B. die Inflation oder die konstant steigende Arbeitslosigkeit, neben die andere. Begünstigt wurde dies durch Ahmadinedschads Kuschelpolitik, in welche er sämtliche Freunde und Verwandte in Form einer netten Geste mit bedeutenden Ministerposten beschenkte.
Seine aggressive, teilweise schwer ernstzunehmende diplomatische Einstellung verursachte zudem die zunehmende, außenpolitische Isolation.
Nicht zu vergessen ist die steigende soziale Unzufriedenheit innerhalb des Iran, der Hauptfaktor und Auslöser des ganzen, aktuellen Prozesses. Am auffälligsten waren dabei die erhöhte Anzahl von Polizei- sowie Milizenkräften und damit eine Förderung der Alltagsrepression. In diesem Rahmen verstärkte der paranoide Alt- und angebliche Neupräsident präventiv die Überwachung an iranischen Hochschulen enorm. Er ließ durch Gesetzesmodifizierungen Unis verschärfter gegen DissidentInnen vorgehen, um soziale Unruhen, welche seinem einfältigen Erachten nach ausschließlich durch StudentInnen angezettelt werden, schon im Keim zu ersticken.
Das Resultat dürfte Ahmadinedschad allerdings nicht befriedigt haben. Als Antwort auf seine Maßnahme sind landesweit die sozialen Bewegungen erstarkt, da die politischen, ohnehin sehr zersplitterten StudentInnenverbindungen zwar zerschlagen wurden, die AktivistInnen sich aber in außerstudentischen Bewegungen – insbesondere die der in der Breite besser besetzten Frauen und ArbeiterInnen – mit einbrachten. So war es ironischerweise unter der Ära jenes kontrollwahnsinnigen Unterdrückers Ahmadinedschad, dass schließlich vor Wut geladene Gruppierungen aus der APO sich in intensivierter Öffentlichkeitsarbeit teilweise radikal gegen das System äußerten. Trotz steigender Kriminalisierung, Repression und Verfolgung kam es gehäufter denn je zu Protestkundgebungen, Streiks und zum ersten Mal in der Geschichte der islamischen Republik gleich zu mehreren, effektiven Gewerkschaftsgründungen.

Es ist also nicht verwunderlich, dass im vergangenen Juni IranerInnen weltweit mit einer Rekordbeteiligung von knapp 85% zu den Wahlurnen gestürmt sind. Es bestand die Möglichkeit, Ahmadinedschad sofort nach seiner ersten Amtszeit in einem Kraftakt abzuwählen – ein bis dato nie da gewesenes Phänomen in der Geschichte der islamischen Republik – und die Verhältnisse zu verbessern.
Doch vergessen wir eines nicht: der allmächtige Wächterrat im islamischen Staat Iran lässt neben verdächtiger Wahlinszenierung lediglich Kandidaten antreten, die durch ihr strenges Auswahlverfahren kommen. Und aufgrund dieser Tatsache kommt es schon zum ersten Missverständnis: auch der diesjährige Spitzenkandidat und Ahmadinedschads größter Konkurrent, Mir Hossein Mussawi, stellte nie den großen Reformhelden, wie der einst gescheiterte Chatami, dar. Ganz im Gegenteil trägt eine nicht unbedeutende Vergangenheit mit sich.
Als Khomeinis letzter Premierminister (1981 – 1989) der islamischen Republik sieht er sich selbst nach wie vor als strengen Anhänger, gar als „Säule der islamischen Revolution“ von 1979. Unter ihm trat die sog. „Kulturrevolution“ in Kraft; ein Paket an Gesetzen und Vorschriften (u.a. die Kopftuchpflicht), welches insbesondere Frauen und Minderheiten diskriminiert. Nicht zu vergessen ist seine maßgebliche Anteilnahme an den Massenhinrichtungen in den 80ern, als der Klerus zig Tausend politische Gefangene und Andersdenkende per Mord beseitigen ließ. Nach Mussawis jüngster Aussage war seine Zeit als Premierminister – geprägt von Krieg, Mord, Terror und Massenhinrichtungen – die „stabilste Ära der islamischen Republik“.
Dieses Jahr verfolgte Mussawi lediglich das Ziel, durch reformistisches Verhalten die durch Ahmadinedschad aufgebrachte Bevölkerung zu stillen, um so das Grundgerüst der islamischen Republik zu festigen.

Die Menschen im Iran waren stets über die Person Mussawi aufgeklärt, schließlich haben sie ihn teilweise als Premier miterlebt. In erster Linie handelt es sich bei der sog. „Grünen Welle“ um Protestwähler gegen den Islam-fanatischen Holocaust-Leugner Ahmadinedschad. Jener Mussawi spielt bei dieser Präsidentschaftswahl die Rolle eines ungewöhnlichen Phänomens. Natürlich befindet sich unter seinen WählerInnen ein Teil, welcher tatsächlich vollstes Vertrauen in ihn steckt. Doch eine anfängliche Minderheit sah den Ex-Premier als Mittel zum Zweck.
Auch sämtliche vorhin erwähnte, linksgerichtete AktivistInnen stimmten trotz seiner düsteren Vergangenheit für ihn. Sie sahen in Mussawi nichts Weiteres als einen Mediator und planten, seine Wahlversprechen als Freiraumschaffung zu nutzen, um mehr bzw. überhaupt einen sozialen Bewegungsspielraum zu erlangen und so schließlich das islamische System an sich in Frage stellen zu können.
Diese Minderheit von Andersdenkenden nimmt mit zunehmender Brutalität seitens des Staatsapparates in der Tendenz zu. Handelte es sich anfangs um auf den Wahlbetrug bezogene Parolen wie „Wo ist meine Stimme?“, richtet sich der Schrei der DemonstrantInnen mehr und mehr gegen die Schuldigen ganz oben. So lösen Parolen wie „Nieder mit dem Diktator“, „Nieder mit Khamenei“, oder vereinzelt gar „Nieder mit der islamischen Republik“ die anfänglichen Wahlbetrugsbeschwerden ab.
Mussawi ist somit nicht – wie häufig fälschlicherweise dargestellt – der Kopf dieser Bewegung. Viel mehr benutzt dieses dezentrale, breite Bündnis ihn und andere sympathisierende Prominente aus dem politischen System als eine Art Legitimationsschild. Wenn Mussawi zu Demos aufruft, folgen die dann in Massen anwesenden ProtestlerInnen nicht dem Ruf des oft als „Helden der Bewegung“ Gepriesenen; viel mehr nutzen sie diese Gelegenheit einer laut angekündigten, offiziellen und somit nicht so einfach niederzuknüppelnden Versammlung zur Vernetzung untereinander. In diesem Sinne wurden einige andere seiner Aussagen, wie beispielsweise seine gleich zu Anfang der Proteste proklamierten „bedingungslosen Distanzierung von Gewalttätern“, bewusst übergangen. Mussawi führt diese Bewegung nicht, die Bewegung führt ihn.

Analytisch gesehen stehen die FreiheitskämpferInnen im Iran noch vor viel Arbeit. Diese Bewegung besteht momentan aus einem breiten Bündnis, welches sich im Kampf gegen die bestehenden, polizeistaatlichen Verhältnisse auf einen gemeinsamen Konsens versteht und als geschlossene Faust punktuell und konzentriert gegen jene vorgeht. Doch sobald diese Faust aufgrund von internen Uneinigkeiten – welche bei einer derart dezentralen Massenbewegung natürlicherweise früher oder später definitiv vorliegen werden – zu erschlaffen droht, müssen sich die einzelnen Finger strecken und das System synchron von mehreren Seiten angreifen. Es liegt nun in der Verantwortung der sozialen Bewegungen, sich in diese Finger zusammenzufinden und sich dauerhaft als wirkende Kraft zu etablieren.

Denn eins liegt auf der Hand: Auf kurz oder lang kann nur die Abschaffung der islamischen Republik, d.h. einer neoliberalen, staatskapitalistischen Unterdrückungssystem mit repressiven sowie paramilitärischen Organen – getarnt in einem demokratischen Mantel, der in einer Wahlinszenierung zur Schau gestellt werden soll – den Menschen im Iran die ersehnte Freiheit bringen.





UIJSPA (Unabhängige iranische Jugend; StudentInnen und polit. AktivistInnen) @ July 2009